Es gibt keine Untergänge - nur Übergänge. Unter diesem Credo erlebt die junge, künstlerisch hochbegabte Oda von Siering das Ende einer Epoche: Im Sommer 1914, kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs, steht der Zerfall des deutsch geprägten, zum russischen Kaiserreich gehörenden Baltikums unmittelbar bevor. Ein Zerfall, der Odas Leben, ihre aristokratische Familie und alle Gewissheiten bedroht – und der sie dennoch zu ihrem Glück zwingt. Die Begegnung mit einem estnischen Anarchisten und Schriftsteller wird Odas Schicksal bestimmen.
Die Geschichte einer alles wagenden Liebe. Ein historisches Drama vor den Flächenbränden Europas. Großes Kino aus Deutschland. Das alles ist POLL.
SYNOPSIS
Juni 1914. Die 14-jährige Oda von Siering kehrt zu ihrer Familie an die baltische Ostseeküste zurück, eine entlegene Provinz des Zarenreiches, in der Deutsche, Russen und Esten einander misstrauisch belauern.
Oda begleitet die sterblichen Überreste ihrer Mutter, mit der sie bis zu deren Tod in Berlin lebte. Auf Poll, dem Gut der adligen deutschbaltischen Familie, trifft das temperamentvolle und etwas altkluge Mädchen auf eine Gesellschaft, die inmitten eines porösen Idylls ihrem Zusammenbruch entgegengeht. Ihr Vater Ebbo, ein verschrobener Arzt und Hirnforscher, widmet sich fanatisch seinen von der akademischen Lehre missachteten Studien; ihre somnambule Tante Milla ist in eine Affäre mit dem schroffen Verwalter Mechmershausen verstrickt; Cousin Paul, junger Kadett der russischen Armee, macht der herablassenden Verwandten ungeschickt den Hof.
Als Oda zufällig einen von zaristischen Truppen schwer verwundeten estnischen Anarchisten in einem verlassenen Nebengebäude findet, entscheidet sie aus einem romantischen Impuls heraus, ihm zu helfen. Obwohl die Entdeckung des namenlosen Verletzten, der sich nur „Schnaps“ nennt, dramatische Konsequenzen für ihre Angehörigen und sie selbst haben könnte, verbirgt sie ihn mitten auf dem Gut Poll, um ihn heimlich gesundzupflegen. Wann immer sie es es einrichten kann, flieht sie aus der erdrückenden Enge des Familienlebens zu diesem so ganz anderen Mann, einem geflohenen Sträfling und verbotenen Autor, der all ihr kindliches Sehnen nach einem Leben voll Romantik und Gefahr befeuert. Doch „Schnaps“ plant, das Gut Poll so schnell wie möglich wieder zu verlassen.
Allerdings rechnet er nicht mit der Glut und Wucht der Gefühle einer leidenschaftlichen Halbwüchsigen, die mit ihrer ganzen Welt brechen möchte, bevor die Welt sie bricht. In der Hitze des estnischen Sommers spitzen sich die Konflikte auf dem Gut Poll unausweichlich zu, bis es um nichts weniger geht als um Leben und Tod.
HINTERGRUND
POLL basiert lose auf den Memoiren der Berliner Autorin Oda Schaefer (1900 – 1988), in denen sie ihren Kindheitsbesuch in der russischen Ostseeprovinz Estland kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges schildert. Die wechselhafte Geschichte dieses Landes ist heute kaum noch bekannt: Deutsche Kreuzritter hatten im Mittelalter weite Teile des Baltikums erobert, gerieten aber schließlich selbst unter die Hegemonie des Zarenreiches. Anfang des 20. Jahrhunderts übte die russische Regierung immer stärkeren Druck auf die Deutschbalten aus, denen ihre Privilegien, ihre Kultur und ihre Vorherrschaft über die unterjochten Esten genommen wurde. 1939 wurden die letzten Deutschbalten ins „Dritte Reich“ umgesiedelt.
Der Regisseur Chris Kraus schlägt ein fast vergessenes, faszinierendes Kapitel der europäischen Geschichte auf, vor dessen Hintergrund die leitsternhafte Liebe einer einst bekannten, heute weitgehend vergessenen Schriftstellerin aufleuchtet.